Als ich ungefähr 12 Jahre alt war, bekamen wir Besuch von der „Westtante“, einer Schulfreundin meiner Mutter, die in meinem jungen Leben die Stellung einer Patentante innehatte. Das war in der damaligen Zeit nicht unangenehm, denn die Besuche der Tante oder auch ihre postalischen Zuwendungen versprachen immer die Bekanntschaft mit unbekannten Düften, Früchten, Süßigkeiten und dünnen Rollkragenpullis.
Bei dem besagten Besuch hatte die Tante verbotswidrig ein Buch im Gepäck, das nicht ohne Einfluss auf mein Leben bleiben sollte. Es handelte sich um Johannes Mario Simmels berühmten Roman „Es muss nicht immer Kaviar sein“. Ein Buch mit dem Untertitel: „Die tolldreisten Abenteuer und auserlesenen Kochrezepte des Geheimagenten wider Willen Thomas Lieven“.
Nebst einer spannenden und außergewöhnlichen Story, wie ich sie bis dahin nicht gelesen hatte, waren das Besondere an dem Buch die zahlreichen Kochrezepte. Soweit ich das beurteilen kann, hat Simmel damals mit dieser Mischung von Agententhriller und Kochbuch eine neue Tür aufgestoßen, inzwischen gibt es ja viele „Nachahmer“, ich sage das durchaus im besten Sinne des Wortes. Die Kochrezepte weckten meinen Ehrgeiz, viele von ihnen nachzukochen. Das war nicht in jedem Falle leicht, denn von einer ganzen Reihe von Zutaten las ich zum ersten Mal und sie waren in der DDR nicht aufzutreiben.
Gleichwohl bin ich heute überzeugt, dass dieses Buch gewiss einen erheblichen Anteil daran hatte, dass das Kochen in meinem Leben einen so wichtigen Stellenwert hatte. Jetzt 50 Jahre später habe ich das Buch noch einmal gelesen und die Kochrezepte einer kritischen Inaugenscheinnahme unterzogen. Die Agentenstory ist noch immer spannend und witzig zugleich, die meisten Kochrezepte wirken heute eher bieder und zeigen, dass Kochen ganz klar zeitgeistlichen Weiterentwicklungen unterworfen ist. Davon vielleicht am wenigsten betroffen ist ein Gericht, das ich im Laufe der Jahre immer mal wieder zubereitet habe, infolgedessen nie ganz aus den Augen verloren habe und mit dem ich jetzt die Teilnehmer meiner zweiten Kochgruppe im Stuckhaus verwöhnt habe. Es handelt sich um einen Klassiker der englischen Küche:
Roastbeef mit Dripping Cake
8 Pers
1,6 Kg Roastbeef
10 Eier
250 g Mehl
1 Liter Milch
100-200 ml Sahne
Ca.2 TL Salz
Zur Zubereitung des Fleisches siehe hier
Alles gut miteinander zu einem glatten Teig verrühren. Am besten zunächst das Mehl in die Milch einrühren und dann erst die Eier hinzufügen. Man kann den Teig so pur verwenden, kann aber auch weitere geschmackliche Ergebnisse durch Hinzufügen verschiedener Kräuter, z.B. Schnittlauch oder Thymian erzielen.
Den Teig etwa 10-12 min vor Ende der Garzeit des Roastbeefs in das herunter getropfte Fett gießen und mitbacken. In Streifen oder Dreiecke schneiden und zum Roastbeef servieren.
Die englische Küche kennt das Gebäck auch isoliert vom Roastbeef. Statt in das Bratenfettes wird der Teig in das Fett von ausgelassenen Speckwürfeln gegossen. Das Ganze kommt dann als Yorkshirepudding daher.
Als Beilage eignen sich – ganz klassisch natürlich Erbsen – , ebenso aber auch gebratener Spargel oder andere Wokgemüse.